Samstag, 22. Oktober 2011

Reise




Gestern das zerstörte Gesicht des Diktators Gaddafi unfreiwillig von der ersten Seite der Bild-Zeitung eingefangen wie einen Virus.


Noch nicht lange ist es her, da nannten sie denselben Mann einen Verbündeten, der Europa helfen soll die Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika aufzuhalten und nannten ihn gar „Freund“ und hofierten den Öl-Reichen.


Achja die Reichen, die bösen Reichen, die bösen Banker - diese Gierigen.


Doch bei näherem Hinschauen verkörpern sie nur das System dem sie vorstehen.


Wirtschaftswachstum lebt von Bedarf, von Fortschritt, und der wird durch Bedarfsweckung erzeugt.

Gier ist da ein intelligent eingesetztes Instrument zur Weckung von latenten Bedürfnissen, das weiß doch jeder.

Mit der erotischen Begierde wird ebenso gedopt und gepuscht wie mit dem Neidfaktor, besser und mehr als der oder die Andere zu sein.

Wohlstand ist nach oben offen, wie die Rennen in allen Bereichen.

Zufriedenheit wirkt bieder, ja wirtschaftshemmend und rückständig, oder gilt auf der Ranking-Liste der herrschenden Meinung als ein wenig naiv-selig-besäuselt-resigniert-schwächlich-esoterisch.

„i can get no satisfaction“ sangen die Rolling Stones und machten eine Welthit damit, der immer noch dem Nerv der Zeit auf den Zahn geht.

„Genug ist nicht genug“, singt der deutsche Barde Constantin Wecker.

Deutliche Sprache! deutliche Gefühle die sich hier ausdrücken und ihre Suchtlegitimation finden.

Wer als mehr oder weniger Mächtiger sein Wort hält, wenn sich der Machtwind gedreht hat, gilt als rückständig, als unrealistisch oder gar als „Gutmensch“.

Erstaunlich, auch hier sprich die Sprache eine klare Sprache:

Gut und Mensch, zwei positive Begriffe, werden in der Kombination ein Buh-wort, während die „Bad-Boys“ und „Bad-Girls“ die luziferischen Quoten steigern und den geilen Erwartungs-Speichel auf Skandal und Sensation anregen.

Porno veröffentlich das Intimste und stülpt über die konkret sexuelle Liebe dann ihre Folien-Bilder. Das macht aus dem Liebespartner eine Projektionspuppe mit der sich die gespeicherten Programme abspielen lassen, die fälschlicherweise mit Fantasie verwechselt werden.

Gewalt wird in allen Facetten vorexerziert, Folter ist fact.

Wenn nicht in real, dann in den Filmen - mit allen Details - Tendenz steigernd, sonst schreibt keiner mehr drüber und keine geht mehr hin.


Cool sein gegenüber dem allen gegenüber sei cool.

Naja.

Doch was heißt das?

Genauer betrachtet ist das eine Abwehr die zur Abstufung und dann zur Verdummung weiter fort schreitet. Auch ein Fortschritt, nur eben fortgeschritten von etwas durchaus wertvollem, wie Sensibilität, Einfühlungsvermögen etc.


Verdummung hat die beneidenswerte Eigenschaft, dass sie ihre eigene Dummheit nicht merkt, sondern in der Regel noch stolz ist auf ihre Verkümmerung aufs Grobe und Brutale.

Darüber reden die klugen Kultivierten in Tork-shows klug, und exakt im vorgegebenen Zeitrahmen. Kluge sympathische Leute, die aber doch häufig die Medienoffensive, die längst steuernd in die Gehirne eingreift, harmlos reden.


Ein auswegloses Geschehen zeigt sich hier, das sich selber nicht im Zusammenhang erkennen kann oder darf, ohne einen Kurzschluss zu verursachen.

Dann sah ich noch gestern Abend noch eine beeindruckende Schüleraufführung der Walddorfschule Aalen von Dürrenmatts „Physiker“.


Kein Wunder also dass ich in der Nacht Alpträume hatte.


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... Nun, mangels Lösungen diesem medial vermittelnden Weltgeschehen gegenüber, das ja zum großen Teil einem Film gleicht der sich selbst zur Wirklichkeit realisiert, wache ich in einen stillen sonnigen Herbsttag hinein auf.


Vakuum.

Ein Vakuum setzt ein. Ich lasse es zu.

Kein Radio, keine Neuigkeiten, keine Ablenkungen.

Vakuum.


Ich braue mir eine guten Kaffee.

Das mache ich selten, deshalb ist es ein Genuss.


Dann schaue ich. Schau was ist, was ich sehe.

Nicht was im traumatischen Nachgeschmack auftaucht, und sich über die Augen legt wie Netze die das Sichtbare einzufangen suchen, auf der Jagd nach Beweisen für die Not und den problematischen Zustand der Welt.


Ich setze mich an des Fenster nah dem Wald und sehe das Licht den Waldweg herauf kommen.

Finde mich inmitten meiner Kunst, die etwas ganz anderes sagt, will und speichert,.

Es ist gut.


Mit einem Mal habe ich den Eindruck ich sitze am Fenster eines ICE, eine extrem schnellen ICE...auf einer Reise...um die Sonne, mit 30 km pro Sekunde.


Das erscheint wie Stillstand.


Wie stehende Stille.

Stehende Stille - vertikale Stille.


Was passiert?


Diese Reise bewirkt die Öffnung zum konkreten Jetzt-Sein inmitten des Werdes und Vergehens.

Inmitten der Macht- Gier- und Angststürme, die die Welt heimsuchen und in den Medien vergrößert und zelebriert werden wie kulinarisch exklusive Events.

Inmitten von Abschied und Ankunft - die exakt identisch sind,

nur von jeweils unterschiedlicher Warte aus betrachtet.


Mir scheint, nein ich bin sicher: das ist die richtige Richtung.


Meine Katze schnurrt.

Auf den Wiesen im Schatten ist noch das Weiß des ersten Nachtfrostes.

Zauberhaft schön.





Während ich schreibe bewegt sich der kugelrunde IC-Erde und das Licht schreibt andere Figuren in den Raum.


Diese Reise geht nicht irgendwohin - sie kommt von irgendwoher. Ganz eindeutig von der Sonne. Das Licht kommt her.

Ds ist wie eine Umkehrung zum Wegfahren oder Weggehen.


Es ist so viel was herkommt, was herkommen möchte, was im Herz ankommt, was schon da ist und erwacht.


LICHT.


Ich schaue und atme es ein.



Dienstag, 4. Oktober 2011

Meister







Morgengedanken


Acht Uhr.

Sitze draußen vor der Tür in der Morgenfrische.

Die Sonne strahlt funkelnd rot durch den Wald.

Eben überschreitet sie den Horizont.

Es ist noch frisch.


Eine unglaublich schöne Zeit ist jetzt und ich bin fast geplagt mit dem Genießen. Wie soll sich das speichern fassen, formulieren lassen? Die Äpfel liegen zu Hunderten in königlichem Purpur achtlos unter ihren Bäumen. Unaufgelesen, ungelesen. Ich sammle sie und nehme sie mit. Lege sie zu Figuren im Atelier und will sie malen. Wie jedes Jahr.

Doch tust du das Eine kannst du das andere nicht machen, und das Andere

lümmelt dann miauend und frustriert herum und wartet ungeduldig bis es dran ist, oder es schleicht sich in den Wald und macht was es will, taucht dann in Träumen wieder auf und lädt dir den Berg auf den Rücken den du besteigen sollst.


Liegt wohl auch daran, dass ich mir eine Arbeit aufgesattelt habe von der ich wusste dass sie schwer wird.

Ich habe vor einige Bilder (Zeichen) noch mal zu verwirklichen. Wiederholen also. Etwas das ich nur ungern mache und doch ist der Druck so stark es zu tun. Das möchte ich im kommenden Jahr in einer der beiden Ausstellungen in Berlin zeigen, die geplant sind.


Bei dem jetzigen Vorhaben ist zunächst keine Kreativität gefragt, sondern Disziplin und Geduld. Also langatmige Gesellen- und Lehrlingsarbeit, während der „Meister“ wartet bis die so weit sind. Er kommt ab und zu und sagt seinen Mitarbeitern: „Es gibt nichts was unwichtig ist, lernt alles, auch das Geringste, so zu tun als hinge die Welt davon ab und tut es mit Liebe“....dann ist er wieder weg, nachdem er sein Statement abgeliefert hat.


Der fordert. Na gut. Es will und muss ja letztlich alles, alles Meister werden, auch wenns ein paar Millarden Jahre braucht. Dieser millardenschwere „Rettungsschirm“ der verwirrten Menschheit wurde in den Götterkonferenzen ja doch vor der Zündung des Urknalls beschlossen. Also jede Empfindung, jede Erinnerung, jeder Gedanke in den verzweigten Labyrinthen des „Ich“ sagenden Wesens, das sich im Spiegel und auf Fotos zu erkennen sucht ist auf dem Weg zur Meisterschaft, das heißt auch, auf dem Weg zu seiner Freiheit. Also ran an die Übung!


Pflicht und Kür

Es dauert sehr lange bis in meinem jetzigen Vorhaben die Höhe erreicht ist, von der aus es dann in den freien schöpferischen Flug gehen kann. Ein mühsamer Aufstieg, und dann auch noch die Flügel der Erwartung mit hochschleppen.


Nagut: Pflicht und Kür. Gestern war der Meister braungebrannt wieder da und hat schon ein wenig gekürt. Sah so aus als hätte er sich inzwischen mani-kürt. So entspannt und frisch wirkte der. Ja, Meister wollen wir werden, da hat man immer frei und kann sich das Beste raussuchen, murren manchmal die Sklavengedanken der anstrengenden Pflicht und träumen von Urlaub. Meist passiert dann das Malheur und der Handgriff misslingt und die Korrektur beginnt.

Dann will es scheinen: wirkliche Meisterschaft bestehe darin, dass es kein Misslingen mehr geben kann, weil sich alles aus dem sicheren Feld heraus verwirklicht und äußert ohne sich je zu wiederholen. Gelassen und treffsicher wie die Natur, doch plus Bewusstsein. Ein weiter Weg. Und auch ein geheimnisvoller, denn bei solcher Meisterschaft wird selbst das Scheitern ein verborgener Teil des Gelingens sein.


Doch zunächst bekommen die Lehrlinge ihre förderlichen kritischen Hinweise mit Lobspeise und die Gesellen ihren Freibrief.

Der Meister tanze auch nicht nur für sich, sondern um das Lob Gottes auszudrücken, sagt er manchmal.


Alle Bilder, alle Kunst, sind Instrumente und die Gesellen und Lehrlinge bauen sie unter seiner Anleitung. Wenn das Instrument verkörpert ist, beginnt er mit dem Spiel.


Er meint, es sei das Lied der Freude, der Erhebung in die die Kraft der Schönheit, die aus dem Quelle des Unsagbaren kommt und nichts mit Schminke gemein hat, einströmt. Nur die Schönheit die durch den Tod gegangen ist habe Bestand, weil sie sich immer wieder zu erneuern weiß. und Ausdruck göttlicher Freude und Wahrheit ist.

Wenn dieses Spiel beginnt, gäbe es auch ihn, den Meister nicht mehr, sondern nur noch das Lied, das visuelle Gestalten, das Gestaltwerden dessen was als treibende und lockende Kraft hinter dem ganzen Vorhaben wirke.

Denn diese sei es selbst die sich durch die Fähigkeiten des Menschen zu formulieren sucht. Und indem sie das tue forme sie ihn, den Menschen zugleich mit, bildet ihn, bildet ihn aus, bildet ihn aus sich heraus, bis er sich übersteige und im Verlassen, ja im Sterben aller seiner Gewissheiten sich in seiner unzerstörbaren Freiheit und Seinsgewissheit gebäre und wiederfände.

Und da sie perfekt sei, diese treibende Kraft, und aus der Liebe komme, sei sie zugleich streng und mild, fordernd und lassend, lockend und treibend, helfend aber auch hemmend, wenn etwas zu früh sich angekommen glaubte, aber noch nicht die Ebene der höchsten Möglichkeiten und deren Verwirklichung erreicht habe, also noch nicht erwacht sei in seiner höchsten potenziellen Möglichkeit, sondern davor sich einrichten wollte in träger, und immer unzufrieden bleibender falscher Genügsamkeit. So seine Rede.


Jetzt weiter mit den Worten des Ichs, das ich hier auf der Bank in der Morgenfrüh am PC sitzt und schreibt und sich zur einer Personalunion gehörend weiß, dem auch der Meister und die vielen andern Mitwirkenden zugehören. Wir sind ein Team. Körperlich bestehen wir aus Milliarden einzelnen Zellen, psychisch aus vielen Niederlassungen und Lobbys uralter kollektiver Kräfte, die sich in Gewohnheiten und Konventionen eingenistet haben und versuchen ihre partiellen Interessen durchzusetzen. Alle treten mit dem selbem Wort ans Mikrophon und lärmen ins aktuelle Tages-Bewußstein: „Ich-Ich-Ich“. Sie sagen alle dasselbe und meinen doch etwas ganz anderes. Da soll sich einer zurechtfinden. Und alle haben sie recht, doch keiner ganz und gar.


Also gut. Dazu gehört auch der „Ich-sagende“ Schreiber hier, der jetzt weiter schreibt, allerdings nicht recht haben will, sondern lediglich beschreiben möchte was er sieht. Das macht ihm Laune, das ist „seins“.


Das Instrument

Wenn dann der strapaziöse, aber auch immer wieder wundervolle Weg gegangen ist, und der Meister das vorbereitete Werk betritt, es in die Hand nimmt wie eine Geige

und spielt, dann schmelzen auch Lehrlinge und Gesellen da hinein, als notwendige Glieder des Ganzen, als Töne und Melodien.

Die Pflicht ist getan, die Kür beginnt. Alles wird frisch und frei und das entstandene Instrument verbindet sich mit der unsichtbaren Kraft die es bewirkte, und offenbart seine Präsenz in Gestalt des Kunstkörpers im physisch sinnlichen Raum.


Das ganze mühsame und zweckfreie Tun wird mit einem Mal zur Notwendigkeit. Sinn entfaltet sich wie der Klang aus einer frisch gegossen Glocke.

(Ja lieber Friedrich von Schiller, es stimmt über die Zeitbilder und Moden hinaus als gültiges Gleichnis auch heute:...die Glocken müssen immer von neuem gegossen werden,..soll das Werk den Meister loben....doch der Segen kommt von oben..)


Ui, was schreibt sich dann da alles so unverhofft, wird mehr und fülliger, nun schon seit einigen Stunden? Wollte doch nur mal eben die Mail an meinen Freund Uli beantworten.

Doch Uli inspiriert den Schreiber.


Und jetzt?

....da hat doch der Abteilungsleiter, der "Controller", der eben herkommt - offenbar hat er mich schon vermisst - eine ganz andere Meinung und Aufgabe. „Seins“ ist was ganz anderes. Er hat sofort den Verdacht: das Schreiber-Ich drückt sich um die Pflicht und möchte davon segeln ins Romantische, Poetische, Unzeitgemäße, oder sich mit dem geschwollen Wort :“überzeitlich“ herauszureden und eine Notwenigkeit aus diesem Unsinn zu machen versuchen.

Nein, nicht mir mir, dem Herrn Controller-Ich, wofür ist es denn sonst da? In seinen Augen möchte sich jemand weg stehlen vor der Stempeluhr der heutigen Dringlichkeit und abschweben ins... Künstler-Priestertum, das doch längst passé ist.

Nichts da! Hiergeblieben! Ran ans Werk, noch ist es nicht geboren, noch steckt es in der Schale, im Gerüst! Zauberlehrlinge dulden wir hier nicht!


Glücklicherweise kommt der Meister, angelockt durch das Gezeter seines verantwortungsbewussten Abteilungsleiters selber her.

Der Meister ist ja immer irgendwie da!

Ich hab ihn mal gefragt wie das sein könnte, und er meinte, dass er jene Instanz sei, die das Ganze ausmache und ermögliche. Dass er uns, die rivalisierenden Ich-Aspekt, zu einer übergeordneten Einheit zu verbinden in der Lage und verpflichtet sei.

Kein leichter Job, denke ich mir. Willst du da wirklich Meister werden wollen, und nicht lieber nur beobachten und schreiben? Doch das behalte ich für mich.


Er liest das Geschriebene. Er schmunzelt und freut sich offensichtlich über seinen Schreiber-Mitarbeiter, der hier Worte so frisch ins Offene des Morgens hinein entwirft, wie ein Seil in die Luft auf dem er dann hochklettern möchte, entkommen aus der Zeit in den Himmel des Denktraums. Nicht wissend was das alles auslöst und wer das denn lesen soll. Der, also ich, schreibe es einfach hin weil es mir in den Sinn kommt, mir einfällt, in mein Gehirn dringt wie der Lärm der Motorsägen im nahen Wald, die seit einiger Zeit die Stille fällen.

„Stimmt“, sagt er: „alles was da geschrieben ist stimmt! Doch nun wir müssen es tun!

Solches Schreiben hilft es mit mehr Schwung und in guter Stimmung zu tun.“


Toller Typ, denke ich, der ist immer positiv!

Der Controller hat sich verzogen, ist ins Atelier zurück um meine Kollegen und Kolleginnen zu motivieren.


Der Meister schaut mich liebevoll an. Ich möchte mit dem Schreiben aufzuhören, obwohl es mich noch immer bei Laune hält, und stattdessen, erfüllt von Mallust ans sinnlichere farbige Hand-Werk gehen, das im Atelier wartet.


Die handelnde Hand am Bild.

Auf dem Weg in die handelnde Hand, wandeln sich die Steuerungsimpulse des planenden Denkens in lustvolle spontane Taten. Die Hand agiert dabei ganz vorne, das Denken ist schauend und passiv. Jetzt denkt die Hand. Sie ist inspiriert von etwas das sich dem Planen und Verstehen entzieht, es übersteigt, und doch nicht im Gegensatz dazu steht, sondern es umgibt und trägt, wie eine Landschaft in der das Haus des Begreifens steht.


Still und konzentriert ist er jetzt, denn von der Handlung hängt es ab, ob die Welt bestehen bleibt - indem sie sich wandelt - ob sie sich öffnet für den Grund ihres Bestehens - der Freude ... musisch konzertiert und zugleich mühelos, anders gelingt es nicht.


Sein - Bewusstsein - Seligkeit.

Sat - Chit - Ananda.


Lächeln ist im Raum.


Der Lehrling ist Meister und der Meister Lehrling.


Alle wirken zusammen in die gleiche Richtung, und damit entfaltet jede separate Möglichkeit ungehindert ihre unverwechselbare Eigenart.


Gestern, am 3. Oktober war der Tag der Deutschen Einheit. Gestern ist auch heute und heute ist immer.

... „Freude schöner Götterfunken...“


Rilke tritt ins Gedächtnis und rezitiert sein Gedicht, das mich schon vor 40 Jahren wie ein klares Programm erreichte:

„Werkleute sind wir....Knappen, Jünger, Meister, und bauchen Dich du hohes Mittelschiff....und manchmal kommt ein fremder Hergereister und zeigt und zitternd einen neuen Griff.......


...im KunstKloster

Mittwoch, 27. Juli 2011

zur Kunst



ein Text von Anrdrej Tarkowski (1932-1986) aus seinem Buch: "Die versiegelte Zeit".


"Kunst entsteht und entwickelt sich dort, wo jene ewige rastlose Sehnsucht nach Geistigkeit, nach einem Ideal herrscht, die die Menschen sich um die Kunst scharen lässt.


Es ist ein falscher Weg, den die moderne Kunst eingeschlagen hat, die der Suche nach dem Sinn des Lebens im Namen bloßer Selbstbestätigung abgeschworen hat.

So wird das sogenannte schöpferische Tun zu einer seltsamen Beschäftigung exzentrischer Personen, die nur der Rechtfertigung des einmaligen Wertes ihres ichbezogenen Handelns suchen.

Doch in der Kunst bestätigt sich die Individualität nicht, sondern dient einer anderen, allgemeineren und höheren Idee.


Der Künstler ist ein Diener, der sozusagen seinen Zoll für die Gabe errichten muss, die ihm wie durch ein Wunder verliehen wurde.

Der moderene Mensch aber will sich nicht opfern, obwohl wahre Individualität doch nur durch Opfer erreicht werden kann. Aber wir vergessen das allmählich und verlieren daher das Gefühl für unsere menschliche Bestimmung."

Montag, 25. Juli 2011

Kleine Nachtmusik

...das späte Licht, leuchtet schräg durch die alte Baumreihe am Abhang zum Kochertal. Im Winter sind diese Bäume oft mit glitzerndem Reif überzogen. Nun tragen sie schwere grüne Mäntel. Sommermäntel. Nur wenige Lichtstreifen kommen durch die Laubfülle.
Doch das reicht um die roten Mohnblüten im niederen Korn erglühen zu lassen.

Schönheit ist auch eine Frucht.
Sie kann mit dem Augen geerntet werden und nährt die Freude die wiederum die Seele speist.

Von Luft und Liebe - und Schönheit - kann man nicht leben, heißt es,
doch wie ist es möglich zu leben ohne sie?



Donnerstag, 30. Juni 2011

Glücksfutter



Vielen Dank an Dich,
dass Du machmal in meinen Blog geschaut hast
Ich habe dieses Medium lange nicht mehr aktiviert.

Es war und ist sehr viel in Bewegung.
Lebensströme mit zugleich großer Stille - inmitten all der Aktivitäten

Da ist Besinnung und Nachdenken,
auch Vordenken, Visonieren und viel Mitdenken.
Das heißt auch im Dialog sein:
mit Menschen, mit der Natur, mit mir selbst.

Mitdenken: das Wort bringt mich drauf es noch ein wenig anders zu betrachten, nämlich als:

die Mitte denken,
die Mitte denkend eröffnen.

Die Mitte nicht als einen technischen oder egozentrischen Mittelpunk verstanden, sondern als einen vertikalen Strom.

Dann unter diesem geistig-seelischen Strom wie im Regen zu stehen,
der einen Lebenstanz eröffnet der alle fixen Koordinaten lockert und
Distanz und Zwischenraum erzeugt, durch den goldene prickelnde Leere rieselt.

Das löscht zunächst mal alle Bilder und Begriffe aus, oder besser: löst sie ein in einen pulsierenden Grund aus dem sich neue bilden können. Können, aber nicht müssen.

Solches Geschehen lässt sich nicht eins zu eins auf die Oberfläche meines Bildschirms übertragen, ohne sich in seiner Qualität zu verflachen.
Im Grunde läßt es sich nicht mal
andeuten ohne sich schon zu verfälschen. Und wenn die einzige Sprache, die dafür taugt,
die Poesie, dafür genommen wird, dann setzt auch dies schon wieder eine Leserin, einen Leser voraus, der bereit ist in diesen Metaphern mitzuschwingen, und sich nicht von so viel Unbestimmtem und Unbestimmbaren abschrecken läßt, bzw. darin den Beweis sieht, dass das ja alles ohnehin nur irgendwelche Blümchengedanken sind.
Doch nebenbei: wer weiß schon welche Macht Blüten und Blumen haben. Ohne sie, da bin ich sicher, wären wir Menschen nicht lebensfähig.

Besser ist dann Schweigen, reifen lassen und die tausend und zwei Fotos nicht zu zeigen.

Es wird schon wieder auftauchen was ich ins "Netz" geben möchte.

Achja: "Netz"!
Was macht ein Netz? Wofür ist ein Netz da? Von seiner Bedeutung her doch um etwas zu fangen, einzufangen. Doch ich habe nicht die Absicht zu fangen.
Dann müsste ich mich ja um den Fang kümmern, ihn "verwerten", ausnehmen etc.
Das brauche ich nicht. Zudem macht es abhängig, auch den Fänger von der Beute. Nein, Beute ist nicht mein Wunsch.
Mein Wunsch ist frei zu lassen, frei zu schwimmen und nicht in den virtuellen und realen Netzen aus gefangen zu werden oder selber zu fangen.
Auch ein Grund, das denke ich jetzt, um nicht immer regelmäßig zu schreiben. Das verhindert Gewohnheiten und damit Abhängigkeiten.

So ist es auch eine Frage der Balance wie oft ich dieses Medium nutze.

Auch dabei geht es um Mitte und Mass, als die Kunst durch die der Tanz des Lebens, Arbeitens und Liebens gelingen kann.

Netzwerke bilden, das ist noch etwas anderes als Netze auszulegen um etwas zu fangen.
Netzwerke bilden, das ist möglicherweise genau das Gegenteil, weil es das schöpferische Potenzial aktiviert und braucht damit etwas gelingt wovon alle die teilnehmen etwas "haben". Alle!, und keiner nur auf Kosten der andern lebt.
Das ist ein großes Thema und soll ein andermal vertieft werden.

Sicher gibt es im Internet sehr viele Netze die etwas fangen wollen, mich, dich, uns. Die uns in ihren Bann ziehen wollen, die uns abhängig machen wollen, die sich von uns nähren wollen.

Doch für wen wir Futter sein wollen, das können wir in einem gewissen Grad selbst entscheiden, und wen wir füttern wollen auch. Denn das was wir füttern wächst.

Wahrnehmung, Aufmerksamkeit das ist reales Futter. Damit füttern wir und nähren uns.
Was man in die Aufmerksamkeit nimmt das verwirklicht sich - sofort. Es wächst, wird Gefühl, Gedanke, Vorstellung, Projektion und schließlich Projekt.

Wenn wir manchmal die Stille und den inneren Frieden und den Tanz und die Kunst und die göttliche Liebe in die Aufmerksamkeit stellen, lösen sich jene Netze die Fallen sind auf und es bilden sich klingende Netzwerke aus Tönen und Licht.
Das werden dann Dome aus Tanz, das sind Schwärme aus freien und befreiten Gedanken und Gefühlen, das gibt Netze in denen alle saugende Schwerkraft gewandelt ist in stabile, farbige, kraftvolle Leichtigkeit in denen die Freude wohnt. Freigiebig spendet sie an alle ihre Teilnehmer Glücksfutter.

Das ist eine mögliche Architektur des Blutes und der Hormone, die jeder und jede in seinem Sein verwirklichen kann. Am eigenen unkündbaren inneren Arbeitsplatz.

Nun ist doch wieder einiges geschrieben.
Futter.
Hoffe es nährt und macht frei und fröhlich.

Danke fürs lesen.








Donnerstag, 28. April 2011

Muße, SWR Feature am 4.5.2011


Margrit Irgang, vor Bild „präzise Weite“, KUNST KLOSTER art research, Frauenhof 2011 Foto: Alfred Bast



SWR2 Leben


Muße

Sendung am Mittwoch, 04.05.2011, 10.05 bis 10.30 Uhr

Plädoyer für das schöpferische Innehalten
Von Margrit Irgang


Müßiggang ist aller Laster Anfang, heißt es im Volksmund und manch einer denkt dabei auch gleich an die siebte Todsünde - die Trägheit. Den negativen Klang von "Rumhängen" und "Nichts tun" wird die Muße nur schwer los. Die Antike verstand darunter jedoch keineswegs Faulheit, sondern ein schöpferisches Denken und Tun, das nicht dem Diktat der Nützlichkeit unterworfen ist. Warum die Muße ihren Platz in jedem Leben haben sollte, darüber denkt die Schriftstellerin Margrit Irgang, gemeinsam mit einem Künstler (Alfred Bast) einem Soziologen und einer Journalistin nach.



Margit Irgang hat auch einen wundervollen Essay zu meinem Buch "Werkgruppe Naturikonen" geschrieben, das am Montag (2.5) in Druck geht und zur Ausstellung in Aalen erscheint.
Sie wird diese Ausstellung am 19.5. (19.30) im Ostalbkreishaus eröffnen.

Nähere Infos dazu: seperat.

Sonntag, 24. April 2011

O STERN


A.B. Schrift-Bild 30x30 cm, Mischtechnik auf Leinwand, 2010


Osterexkurs über das Ei.



- Im Ei verbinden sich zwei gegensätzliche und Komplementäre Qualitäten: Kreis und Strahl.


- Das Ei ist eine vollkommene Kugel - mit einer Richtung. Evolution pur!


- Eine Form die zugleich Ruhe und Bewegung ist.


- In der Eiform selbst zeigt sich was dessen Bestimmung ist.

Zwei Brennpunkte also: der Ur-sprung, die Ur-teilung in einer Gestalt.



und weiter:


- was passiert mit dieser perfekten Form im weiteren Verlauf?


Bis zu einem gewissen Moment ist sie Brutstätte und zugleich schützende Hülle, nur um dann, wenn diese Aufgabe erfüllt ist, zu zerbrechen!


Man mache sich das klar: die vollkommenste Form wird, wenn sie ihrem Zweck gerecht wird, zerstört!

Wenn nicht, wird aus dem ehemaligen Schutzraum, in dem das Werdende ungestört wachsen und reifen konnte, eine Gefängniszelle, in der das Gehegte an seinem eigenen Wachstum erstickt!


Erinnert das nicht an Entwicklungsprozesse in anderen Zusammenhängen?

Solche Vorgänge finden sich doch bei näherem Hinschauen in der eigenen Existenz, zwischen den Generationen, in politischen Parteien und religiösen Bewegungen und Künstlern wieder, die sich von erfolgreichen Findungen nicht mehr lösen können, obwohl sie merken, dass durch die Reproduktion ihre innere Karriere zugunsten der äußeren stagniert.


Wie oft geschieht es, dass reife Entwicklungen durch die beharrliche Wahrung der Form versanden und stagnieren.

Und wie oft geschieht die Umkehrung: unreife Kräfte sprengen die Form, bevor die innere Entwicklung abgeschlossen ist für den Austritt, die Eintritt in die neue Lebenssphäre.

Der richtige Moment, bzw. eine relative kurze Zeitspanne, ist entscheidend dabei.

Nur dann ist der Aufbruch keine Zerstörung, sondern Erfüllung. Nur dann ist der bergende Schutz kein Getto, sondern Wohnstätte für den nächsten notwendigen Schritt in der Evolution.


Ostern.

O S T E R N



(aus meinem Essay: "Von der Entdeckung des offen Sichtlichen", in: Die Graue Editon, 2003, Die Kunst der Wahrnehmung, Hersg. Michael Hauskeller.)



Foto. A.B. Karsamstag 18.45 Uhr

Freitag, 1. April 2011

Kunst und Erkenntnis als Aufbruch nach Innen, Symposium





Zum Symposium erscheint eine Broschüre mit Texten und Bildern von Prof. Raimer Jochims und Alfred Bast.


pastedGraphic.pdf

Die Verwandlung der Wirklichkeit. Kunst und Spiritualität heute (Broschüre).

Symposium

Alfred Bast, Martin Weyers, Dr. Peter Guttenhöfer, Michael Evers, Jürgen Binder


Kunst ...


Die Kunst ist heute in einer unübersehbaren Weise erweitert und ausdifferenziert. Auch hierin ist sie ein Spiegel unseres Daseins. Kann sie uns in einer Zeit der Krisen und Umwälzungen zu einem Wegweiser werden? Kann sie uns helfen, aus den Fragmenten vielfacher Lebensentwürfe ein neues Ganzes zu erschaffen?

Die tiefere Bedeutung der Kunst liegt darin, dass sie die Erinnerung an unseren geistigen Ursprung bewahrt. So standen auch für die Kunst der Klassischen Moderne spirituelle Weltbilder Pate. Die Postmoderne der letzten Jahrzehnte hingegen hatte in weiten Bereichen eher eine anti-metaphysische Richtung. Seit einigen Jahren ist nun wieder ein erwachtes Interesse an Transzendenz zu beobachten.

Die Idee der Veranstaltung ist, neue Perspektiven zu öffnen für „Das Geistige in der Kunst“. Aus verschiedenen Richtungen werden spirituelle Quellen für die Kunst sichtbar gemacht. Können sie eine neue künstlerische Praxis begründen und für die Kultur insgesamt fruchtbar werden?


Programm


14.00 Uhr Begrüßung und Vorstellung der Referenten
14.15 - 14.45 Uhr
Alfred Bast
Die Gestalt – das Sichtbare als Ausdruck des Unsichtbaren
15.00 -15.30 Uhr
Martin Weyers
Kunst und Mythos
15.45 - 6.15 Uhr Kaffeepause
16.15 -16.45 Uhr
Dr. Peter Guttenhöfer ...
Schillers Idee vom „Spiel“ als Weg zur Freiheit
17.00 -17.30 Uhr
Michael Evers
Neuplatonismus nach der Postmoderne
17.30 -18.00 Uhr Gespräch


... und Spiritualität


„Zuerst werde ich hier von einer Idee sprechen, die, soviel ich weiß, noch in keines Menschen Sinn gekommen ist – wir müssen eine neue Mythologie haben, diese Mythologie muss im Dienste der Ideen stehen, sie muss eine Mythologie der Vernunft werden.“
aus: Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus

„Alle Wissenschaften und alle Künste wird die große Revolution ergreifen.“
Friedrich Schlegel

„Kurz gesagt, ist die Wirkung der inneren Notwendigkeit und also die Entwicklung der Kunst eine fortschreitende Äußerung des Ewig-Objektiven im Zeitlich-Subjektiven.“
Wassily Kandinsky

„Die bildende Kunst steht also offenbar als ein tätiges Band zwischen der Seele und der Natur, und kann nur in der lebendigen Mitte zwischen beiden erfasst werden.“
F.W.J. Schelling

„Aber was ich vielleicht am stärksten empfinde: Farbe ist, glaube ich, der kürzeste Weg zum Herzen, zu den Gefühlen, den Empfindungen. Und sie wiederum führen uns zum Sinn, der dann die Transzendenz möglich macht.“
Jerry Zeniuk

„Bevor du einen Bambus malst, musst du zuerst in einem wachsen.“
Zen-Meister Su Dongpo

„Und das ist eine andere Gestalt als die alte. Es ist also das Auferstehungsprinzip: die alte Gestalt, die stirbt oder erstarrt ist, in eine lebendige, durchpulste lebensfördernde, geistfördernde Gestalt umzugestalten … Das ist der erweiterte Kunstbegriff.“
Joseph Beuys


Die Referenten


Alfred Bast
Künstler, Wahrnehmer, Denker und Auf-Zeichner.
Studium der freien Kunst an der Akademie Stuttgart, bei Prof. Gollwitzer und von Stockhausen. Seit 1975 regionale, nationale und internationale Ausstellungen und Kunstprojekte. 1995/96 Gründung KUNST KLOSTER art research, mit Seminaren und Projekten zu Kunst, Wahrnehmung und Spiritualität.

Martin Weyers
Freier Maler und Grafiker mit Atelier in Ludwigshafen; Mitarbeiter der Joseph Campbell Foundation, Kalifornien; 2008/2009 entsteht in der Mohave-Wüste ein Bilderzyklus, in dem Naturerfahrung und Fragmente aus dem Werk von Novalis eine neue Verbindung eingehen.

Dr. Peter Guttenhöfer
Kenner der ästhetischen Theorie Schillers; Lehrer an der Freien Waldorfschule Kassel; tätig in der internationalen Waldorfschulbewegung; Veröffentlichungen zur Kulturgeschichte

Michael Evers
Künstler, Kassel; Arbeitsschwerpunkte Malerei, Zeichnung, Naturphilosophie; Lehraufträge; Leiter der Freien Schule für Organische Gestaltung; Publikationen zum Thema Kunst und Philosophie

Moderation: Jürgen Binder
Rechtsanwalt, Sörth/Ww.; langjährige Zusammenarbeit mit Joseph Beuys; Tätigkeit in der Wirtschaft; zeitweise Generalsekretär der Kinderhilfsorganisation Terre des Hommes; Gründungsmitglied der Grünen; bis 2005 geschäftsführender Gesellschafter und künstlerischer Leiter des „Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne“ von Hugo Kükelhaus.

Sa, 09.04.2011

14:00 -18:00 Uhr

Veranstaltungsort

Mannheimer Kunstverein

Augustaanlage 58

68165 Mannheim

Deutschland

Karten

Vorverkauf / Reservierung und an der Kasse

Eintritt 10 €, ermäßigt 8 €


www.stiftung-rosenkreuz.de



KinderHerz, Ausstellung in Ludwigsburg


Liebe Leser und Innen...Die Information ist gestalterisch leider etwas durcheinander, da ich die technischen Mittel nicht kenne, eine PDF-Dabei so auf das Blog-Layout zu übertragen, dass sie nicht geteilt wird. Momentan bin ich auch nicht in der Lage, die Bergwerke und Labyrinthe der verschlungenen Wege diverser Programme zu erkunden. So bitte ich um Nachsicht. Es ist sicher eine sehr sehenswerte Ausstellung, weil das Herz es allen Künstlern erlaubt so ganz aus dem Herzen und zu gestalten.



Die Ausstellung – KunstHerzen Baden-Württemberg – bringt die Kunst in die Herzen von Baden-Württemberg.

1. - 25. April 2011

Ausstellung in Schloss Ludwigsburg Attica-Räume neben der Keramiksammlung | Öffnungszeiten: Täglich 10 - 17 Uhr


Oktober 2011

Landratsamt Konstanz, Bodenseehalle

Weitere Informationen zu aktuellen Terminen: www.aktion-kunstherz.de


Teilnehmende Künstler:

Alfred Bast | Matthias Beckmann | Heide Bihlmaier | Harald Björnsgard | Johannes Braig | Sabine Braun | Monika Braunert | Paul Breinig | Isa Dahl | Peter Degendorfer | I.K.H. Diane, Herzogin von Württemberg (DxDiane) | Wolfgang Ehehalt | Heike Endemann | Filderbahnfreunde Möhringen FFM | Marlis Glaser | Gyjho | Erwin Holl | Ibrahim Kocaoglu | Michaela Kern | Stefan Knaus | Justyna Koeke | Salla Kuhmo | Jörg Mandernach | Erich Mansen | Susanna Messerschmidt | Denise Moriz | Karl Ulrich Nuss | Raphael Pohland | Thomas Putze | Hans Werner Stahl | Daniel Rau | Sebastian Rogler | Uwe Schäfer | Roland Schauls | Hedi Schwöbel | Monika Sigloch | Vilja Staudt | Hannes Steinert | Menja Stevenson | Gunter Stilling | Horst Strümann | Jan Peter Tripp | Daniel Wagenblast | Thomas Weber | Mirja Wellmann | Daniel Wenk | Gert Wiedmaier | Christa Winter | Bettina Yagmur | Mehmet Yagmur | Uli Zeh | Xian Wei Zhu

Freitag, 25. März 2011

Frühling

Sonnenaufgang 21.3.2011 am Arbeitsplatz Frühlingsanfang

Nach langer Zeit mal wieder eine Blog-Nachricht.
Viel ist passiert. Viel passiert. Großes, Schockierendes. Bilder von Japan die sprachlos machen. Bilder von Menschen die sich aus lastenden Diktaturen befreien wollen. Kampf, Flucht, Not.

Eine unglaubliche Menge an Informationen flutet über die Medien ins Bewusstsein. Diese Gleichzeitigkeit der Ereignisse, dass wir von den Arbeitern am Kernreaktor in Japan wissen, von den den düstern Vorgängen im Mittelmeerraum, die Strategien der Politiker vor der Wahl erleben, all das füllt das Denken und Empfinden und bringt entsprechende Wirkungen und Reaktionen zum Schwingen.

Inmitten dieser medialen Dichte, die ab einer gewissen Dosis zur Sucht werden kann, und ihrerseits eine Art von "Verstrahlung" bewirkt, ist es nötig stille Räume zu schaffen in denen die Gedanken und die Ausrichtung nach Innen gerichtet sind.

Die letzten 6 Wochen konnte ich das erfahren, als ich an dem neuen Buch über die NaturIkonen gearbeitet habe, das jetzt in die Produktion geht und Mitte Mai erscheinen wird.

Am Sonntag werden wir auf den Klosterhof das erste der vier Treffen zu den Jahreszeiten haben. Wie im letzten Jahr. Wobei wir diesmal den Aufbruch der Natur mit dem Zeichenstift beantworten.

Die Informationen dazu finden sich in meinem Blog weiter unten, die Zeiten und Konditionen sind geblieben.

Montag, 14. Februar 2011

Hand und Herz

Foto: Uli Sach


Alfred Bast KunstKloster art research Seminar im Hohenwart Forum 11.-13. Februar 2011




Mit Herz und Hand ☚


✍ Die Hand


Beginn: Hand-Druck. Hände-Druck. Ein herzlicher Händedruck.

Dieser erste, auch bildnerische Kontakt, in diesem Seminar, mit Farbe und Papier ist etwas das an Kindergarten erinnert. Und warum auch nicht. Hand- und Fussabdrücke werden von Babys und Kindern in Salzteig und Gips gemacht, um deren Wachstum zu veranschaulichen. Doch so luftig und leicht dies erscheint und sein soll, es hat doch auch tiefere Ebenen. Es erinnert nämlich an den Kindergarten der Menschheit. Denn die ersten Hand-Spuren von Menschen sind in den Höhlenmalereien zu entdecken: 22000 Jahre sei das her, wird gesagt. Sie signierten gleichsam damit und sagten: „schaut ich war hier“ (Margarete Bruns, die Weisheit des Auges, S. 37).

In jedem Handabdruck ist die unverwechselbare Identität des Menschen enthalten. Seine Signatur des unverwechselbaren genetischen Codes. Es ist unglaublich, dass es bei all den Milliarden Menschen nicht zwei identische Fingerabdrücke gibt. Nicht einmal eineiige Zwillinge. So unterschreibt der Mensch seine Einmaligkeit nicht nur mit der Hand durch seine Unterschrift, sondern durch die Linien-Zeichnung die in seiner Hand selbst rätselhaft eingeschrieben ist.

Dass dies nun kein Kindergartenspiel ist, das zeigt die Kriminologie, die seit etwa 1930 den Fingerabdruck zur eindeutigen Identifizierung einsetzt, oder jene elektronischen Zugangssperren im high tec Bereich, die nur mit einem digitalen Fingerabdruck geöffnet werden können.

Es zeichnen sich individuelle Spuren in jede Menschen-Hand. Sie schreiben sich schon in die Hand, bevor diese zu schreiben vermag.


Wenn wir unsere Hände auf das Blatt drücken und damit drucken, haben wir also die Einmaligkeit der eigenen Existenz sichtbar gemacht. Das liegt in diesem kinderleichten Spiel verborgen. Zugleich liegt in dieser einmaligen Identität auch die Zweiheit greifbar vor uns, durch die beiden Hände. Durch links und rechts. In manchen Kulturen wird und wurde das Handpaar bereits zum ersten Symbol von gut und schlecht. Rechts = gut und links = schlecht. Rechts das Recht, das Richtige und Rechte, links das Falsche und Lügnerische und Schmutzige. Das hatte für Linkshänder in früheren Zeiten fatale Folgen.

Immerhin wird damit ausgedrückt, dass der Mensch selber ein Wesen mit Licht und Dunkel ist.

Es gibt bei dieser Dualität auch zwei Möglichkeiten zu handeln. Die eine ist das Rechthaben, wobei ein Teil über den andern zu dominieren sucht, die andere ist der kreative Umgang damit, bei denen beide Qualitäten des Menschen, die sich auch in den zwei Gehirnhälften manifestieren, miteinander ein Ganzes schaffen, wie das am sinnfälligsten bei einem inspirierten Klavierspieler zu sehen und zu hören ist.

Beide Hände schaffen gemeinsam gleichzeitig ein Drittes das keine Hand allein

oder nacheinander leisten könnte. Die Hände sind eine Gemeinschaft. Und jede Hand, mit ihren jeweils 5 Fingern differenziert diese Gemeinschaft um das 10fache. Zwei mal Fünf. In jeder Hand ist die Fünfzahl, die Zahl des Pentagramms und des goldenen Schnittes zu finden. 27 Knochen sind in der Hand zu finden, etwa die Hälfte aller Knochen des Körpers.

Diese weisen Proportionen des Goldenen Schnittes auf. Darüber können wir gerne noch ausführlicher sprechen.


Die Hände, als: „Greifwerkzeuge an den menschlichen Extremitäten“ werden sie in roboterhafter Maschinensprache bezeichnet, sind in der Lage eine Mitte zu bilden, die das ausdrückt was die Mitte des Körpers ist. Das Herz.




♥ Das Herz


Nicht als Greifwerkzeug der Extremitäten, sondern viel komplexer interpretierte Kant die Hand: nämlich: „Als das nach Außen gestülpte Gehirn“. Dies stimmt auch mit den Bereichen zusammen die die Hände im Gehirn einnehmen. Es gibt ein Bild von einem Menschen dessen Glieder proportional so gestaltet wurden, wie diese im Gehirn wirksam sind. So kommt ein Homunkulus heraus, mit riesigen Händen und Lippen. Ein Glück dass wir außen nicht so aussehen. Doch vielleicht sind deshalb die vielen grotesken Comikmonsterchen so erfolgreich, weil sie etwas von diesen inneren Proportionsverhältnissen sichtbar machen?

Die Hände schaffen zusammen etwas Drittes, eine Synthese, eine Mitte in der die beiden Extreme sich nicht befeinden und bekämpfen, sondern in denen sie sich ergänzen. Sie halten zusammen, schaffen ein Gefäß, werden zur Architektur, bilden einen Raum und halten das Herz. Halten das Herz in den Händen. Da gibt es heilende Hände, und Segen spendenden Hände, und die Mutterhände, und die grünen Hände....

In all diesen Bezeichnungen pulsiert das Herz.


Das Herz wurde zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich interpretiert. Ähnlich wie unsere Hände, die Frank Wilson treffend als „einen Geniestreich der Evolution“ bezeichnete, (Frank.R.Wilson, Die Hand - Geniestreich der Evolution, Klett Cotta 2000), sich zu bloßen Greifwerkzeugen reduzierten, die mechanisch ausführen was das „BOSS-Gehirn“ vorschreibt, so ist das Herz von seiner poetischen Göttergröße ebenfalls zum Pumpautomaten reduziert worden. Wir sind entmystifiziert und bewundern zurecht die grandiosen Leistungen der Herzchirurgie, die diese lebenswichtige „Pumpe“ auszutauschen in der Lage ist.Dennoch bleibt dem Herzen etwas, das nicht in der rationalen Sichtweise aufgeht.

Einstmals wurde es als Wohnstätte der Götter im Menschen angesehen, wie im alten Ägypten, die ihn durch seine Lebensreise begleiten und ihm mit Lebenskraft versorgten.Es wurde auch als Wahrnehmungsorgan verstanden, gewissermaßen als eigenes Gehirn von dem aus Impulse und Steuerungen kommen. Im Kleinen Prinz von Saint Exupery ist der berühmte Satz zu lesen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für Augen unsichtbar“. Wir spüren auch wie es ist, wenn jemand beherzt handelt. Er handelt rasch, spontan und richtig. Er wägt nicht rational das Für und Wider ab, sondern handelt. Der Impuls kommt aus dem Herzen, aus der Lebensmitte, dem Lebensganzen. Das Herz lies und lässt sich glücklicherweise nicht auf eine mechanistische Begrifflichkeit einschränken. Fröhlich pulsiert es in unzähligen Kitschvarianten, kristallin oder blätterteigig, neonfarben oder golden, als Brillantcollies oder als Praline und regt so den Kreislauf der süßen Kommunikation an.

Doch dieses Organ ist zugleich jenes das als Volkskrankheit einen alarmierenden ersten Platz einnimmt. Und damit verweist das „Organ der Mitte“ ebenfalls, wie die linke und rechte Hand auf eine Spaltung, eine aus der Balance geratene Rhythmik, zwischen der sich ein Abgrund eröffnet. Jener zwischen Kitsch und Infarkt. Wie lässt sich das behandeln? Dieser Abgrund kann zwar ironisch überbrückt werden, doch dort wo aus der Gespaltenheit, der Ver-Zwei-flung eine ergänzende Polarität gelingt, wandelt sich der Abgrund in einen Goldgrund, aus dem Wärme, Gewissheit und Stabilität alle Teile des Menschen durchpulsen und geistig-seelisch durchbluten. Diese tod-ernste Arbeit, die Mitte zu bilden, kann nur mit Heiterkeit, Liebe und Humor gelingen - Hand aufs Herz!

Diese Mitte ist tatsächlich etwas Seltenes. Sie ist so schwierig herzustellen wie ein gutes Essen, ein gutes Bild, ein gutes Gespräch. Sie ist nicht einfach platt vorhanden, sondern will erobert, erträumt, ersehnt werden. Dennoch ist sie letztlich nicht machbar. Sie reift und gelingt, oder auch nicht. Doch ohne das eigne Streben wird es gewiss nichts werden, da bleiben die Hände im Schoß, oder sind bloß Fäuste, und das Herz bleibt eine austauschbare Pumpenmaschine. Doch es ist möglich, die Geister in Hand und Herz zu wecken, denn die Voraussetzungen sind unter fast allen Umständen durchaus günstig, wenn man/frau sich klar macht dass dieser „Geniestreich der Evolution“ auch geniale Fähigkeiten birgt, die allerdings geübt werden wollen. Fähigkeiten wollen erworben sein, und Begabungen weiterentwickelt werden.

Die Mitte gilt üblicherweise entweder als schal und „mittelmäßig“, oder sie ist nur die Zone zwischen zwei Fronten. Wir suchen und bilden im KunstKloster die „goldene Mitte“, dort wo ein Mensch „in seiner Mitte“ ist, wo sein Herz ist, das wie eine Sonne strahlt und alle „Extremitäten“ versorgt.


In welcher Weise wir das Herz behandeln und wie sich das äußern kann, das werden wir in den nächsten Tage sehen.




☛ zum KunstKloster und dem Charakter der Seminare


Dies ist das vierte Seminar im Hohenwart-Forum. An dieser Wiederholung wird deutlich dass der Ort und das KunstKloster gut zusammenstimmen.


Was ist das KunstKloster?

Es ist primär eine Idee, die sich temporär, wie jetzt in diesem Seminar konkretisiert. Es ist kein Ort mit einem Kloster in dem Kunst gemacht wird. Vielleicht wird das einmal sein. Doch seit der Gründung 1995/96 ist es ein Arbeitsbegriff, in dem zwei Qualitäten miteinander verbunden sind, die, nach meiner Einschätzung, sich ergänzen und trotzt ihrer großen Verschiedenheit im Kern zusammengehören.

Kunst verstehe ich dabei als offenes Feld, in dem durch Spiel und schöpferisches Experiment neue Wege und Einsichten gelingen oder alte neu belebt werden.

Kloster steht für Kontemplation, Konzentration, Innere Ausrichtung, Innenwahrnehmung, Spiritualität und Gebet.


In allen KunstKloster-Seminaren steht die Wahrnehmung und das Sehen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein Sehen und Wahrnehmen, das zugleich nach Innen und Außen gerichtet ist. So dass beim Schreiben und Zeichnen Herz und Hand und Verstand ein stabiles dynamisches Dreieck bilden. Wir können gemeinsam eine günstige und förderliche Atmosphäre schaffen, und dadurch Ideen und Impulse zulassen und äußern, die eine Spur eröffnen zu jener Quelle die offenbar in jedem Menschen sprudelt, als dessen einmaliger genetischer Code, der sich in den labyrinthischen Linien des Fingers zeigt.

Doch sind die Seminare nicht unter der Rubrik: „Selbstfindung“ einzuordnen, eher Selbst-Erfindung, denn es geht da um etwas das potenziell das ist, als Rohstoff gewissermaßen der zu bearbeiten ist. Nicht um etwas das man verloren hat und wieder finden will, wie einen Hausschlüssel. Um im Bild zu bleiben: wir müssen diesen Schlüssel herzustellen lernen und haben dafür alle Möglichkeiten in der Hand, den Kompass im Herzen und die Planungsintelligenz im Kopf.

Das ist wird ein konzentrierter, kontemplativer Vorgang sein, eine - paradox gesagt - musische Anstrengung.

Deshalb hat auch die Stille ihren festen Platz. Doch kein verdrücktes Verstummen ist gemeint, „husten und atmen sind erlaubt“.


Jede TeilnehmerIn, jeder Teilnehmer beginnt dort wo er oder sie sich befindet. Das ist gar nicht anders möglich. Nur von hier aus kann sich etwas entwickeln. Es geht nie darum besser oder schlechter als ein anderer zu sein. Der Maßstab ist so individuell wie der Fingerabdruck und er liegt ganz in der eignen Hand und im Herzen.


Dass Stocken und Weiterkommen hat viel mit der Deutung und Sichtweise zu tun wie wir bewerten, denn das Bewerten wirkt unmittelbar auf unsere Wahrnehmung prägend zurück.

Wenn die Wahrnehmung zur Kunst wird, können diese Vorgänge gelenkt werden. Vielleicht so wie ein Wildwasserfahrer sein Kanu, im wilden Strom der Eindrücke von Innen und Außen, um Hindernisse und Wirbel schließlich in ruhiges Gewässer zum Ziel zu lenken vermag.